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Arbeitskreis Dorfgeschichte Dreihausen e.V.
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Vortrag Marburger „Aufgelegte Ware“

Donnerstag 03. Februar 2005 Gaststätte Bier Dreihausen 20 Uhr

Marburger FlieseThomas Schindler (Europäische Ethnologie / Volkskunde, Marburg) stellte uns die „Marburger Irdenware“ vor, die Mitte des 19. Jahrhunderts mit ca. 60 Töpferwerkstätten mit ca. 600 Mitarbeitern einen wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Universitätsstadt bildete. Schindler will mit seiner Dissertation die wirtschafts-, sozial- und technikgeschichtlichen Aspekte der Produktion, ebenso aber auch die kulturgeschichtliche Seite der Rezeption dieser Töpferware untersuchen. Während seiner Recherchen ist er auch immer wieder auf das Verhältnis der Marburger zu den Dreihäuser Töpfern gestossen. Das Verhältnis der Marburger zu den Dreihäuser Töpfern war nicht so dramatisch wie oft dargestellt. Spätestens im 19.Jahrhundert stellte man unterschiedliche Ware, für Verwendungszweck und Käuferschicht, sodass eine harte Konkurenz nicht vorhanden war. Sehr interessant sind auch die Vertriebswege der Töpferware und das Leben der Geschirrhändler.

Marburger „Aufgelegte Ware“

Marburger Töpfer begannen spätestens im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts einen Großteil ihrer glasierten, bisher nur mit Schlickermalerei versehenen Irdenware, mit farbigen Reliefauflagen zu versehen. Die genaue Herkunft dieses Phänomens ist unklar. Möglicherweise hat ein Marburger Töpfer Erzeugnisse anderer Produktions-stätten (Steinzeugdekore des Westerwalds und Zierelemente der Kasseler Steingutmanufaktur) kombiniert und die typische Marburger Irdenware des 19. Jahr-hunderts entwickelt. Durch diese Umstellung der Zierform gelang es sehr schnell, neue Absatzmärkte für Keramik aus Marburg zu erschließen, das Töpferhandwerk blühte auf. Im 19. Jahrhundert war die Keramik aus Marburg so weit verbreitet, dass sich die Bezeichnung „Marburger Ware“ als Gattungsbegriff für sämtliche, in dieser Art dekorierte Irdenware durchsetzte. Sie fand Absatz in ganz Europa und ist heute in den Sammlungen vieler europäischer Museen zu finden.

Marburger WareDer wirtschaftliche Erfolg dauerte von ca. 1770 bis ca. 1860. So existieren 1776 10 Töpfermeister in Marburg, 1790 sind es 23 Meister, 1823 leben 31 Töpfermeister in Marburg und 1858 wird der Höchststand mit 58 Meistern erreicht. Aus der Frühzeit der Produktion sind sehr aufwändig gestaltete Objekte bekannt, die sich stilistisch an Porzellankannen des 18. Jahrhunderts orientieren. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts verloren die Auflagen und damit auch die Gefäße an künstlerischer Qualität, wurden gröber und einfacher. Der Absatz von Marburger Ware sank nicht zuletzt auf Grund der Konkurrenz durch Steingutfabriken und der steigenden Beliebtheit billigen Emaillegeschirrs. Bis 1898 gab es 10 Betriebe,1920 sind davon noch 4 Töpfer übrig und 2001 produziert nur noch die Töpferei Schneider am Steinweg. Sie fertigt bis heute Keramik, deren Formen und Verzierungen sich eng an die alten Vorlagen anlehnen.

Ihre Farbigkeit erhalten die Objekte durch das Eintauchen in einen entsprechenden Engobebottich. Auf die noch nicht trockene Engobe werden dann die Punktreihen und die Auflagen angebracht. Nach einem ersten Brand wird die transparente Bleiglasur zur Versiegelung des Gefäßes aufgetragen und in einem zweiten Brand mit der Gefäßoberfläche verbunden. Anknüpfend an dem Erfolg der „Marburger Ware“ übernahmen mehrere Töpfergebiete in Hessen und im angrenzenden Thüringen die Technik der „aufgelegten“ Verzierungen. Neben Gerstungen an der Werra und Frielendorf in der Schwalm war es vor allen Dingen der Töpferort Breitscheid (Lahn-Dill-Kreis), in dem Töpferwaren hergestellt wurden, die der „Marburger Ware“ ähnelten.

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